Wilde Jagd - Bild1

Ausstellungsbesucher beim Spiel

Wilde Jagd - Bild2

Detail, 1996, Spieltisch, Kunstrasen, Holz

Wilde Jagd - Bild3

Ålgarden Gallery, Borås, Schweden
Spieltisch, Keramikobjekte, Foto-Gummidruck auf Papier

Wilde Jagd - Bild4

Detail, Hase,
Keramik, Foto-Gummidruck auf Papier
45 x 25 x 20 cm

Wilde Jagd - Bild5

Aus der Serie: Persische Gärten, 1996,
Esel, Hund, Katze, Hahn
Foto-Gummidruck auf Papier mit eingeschnittenen Tierfährten, 240 x 172 cm

Wilde Jagd - Bild6

Aus der Serie: Persische Gärten,
Rentierherde, Igel und Maulwurf 1996, Detail
Foto-Gummidruck auf Papier mit eingeschnittenen Tierfährten, 240 x 172 cm

Wilde Jagd - Bild7

Detail Innenansicht, Hase
Keramik, Foto-Gummidruck

Wilde Jagd

Galerie von Tempelhoff, Karlsruhe
1998

Eine wilde Horde scheint über den Teppich gerast zu sein, doch ist sie schon längst wieder verschwunden, nur ihre Spuren hat sie hinterlassen. Diese sind eingeschnitten in die obere Ebene eines Wandteppichs aus Papier, welcher der Installation Wilde Jagd ihren Namen gibt.

Sie geht in Varianten seit 1996 auf Reisen, und machte in verschiedenen Galerien und Museen Station. Titelgebend ist das Gemälde einer ungestümen Jagdgesellschaft von Eduart Schaller (1937), deren Aufstellung in den Spuren zitiert wird. Dem schon durch seine Größe die Installation maßgeblich bestimmenden Teppich sind weitere aus Papier und in der Technik des Fotogummidrucks produzierte Teppiche zur Seite gestellt. Dazwischen hängen als willfährige Beute kopfüber Porzellanhasen, denen ihr eigenes Abbild aufgepfropft ist. Die Silhouetten dieser Hasen tauchen wiederum als Elemente der Muster auf den Teppichen auf. Wilde Jagd ist gesponnen aus einem Geflecht an Bezügen. Porzellanhase wie Teppich sind Erzeugnisse einer stilisierten und gezähmten Natur. Die Ornamentik der Teppiche verweist auf die Vorstellung vom Paradiesgarten. Der Teppich ist ein „heterotopischer Ort“ (Michel Foucault), ein Ort, der mehrere Räume in sich vereinigt, ein mobiler Garten, in dem die ganze Weltordnung ein symbolisches Bild findet. Die Spuren, die in die obere Schicht der doppellagigen Teppiche der Installation eingeschnitten sind, deuten Geschichten an wie die der Bremer Stadtmusikanten, der Jagd oder der prosaischen Begegnung von Kuh und Magd. Dies alles sind Projektionen des Menschen, die seine Strategien der Aneignung und Vergesellschaftung von Natur widerspiegeln sowie deren bildliche und kulturelle Ableitungen.
Ergänzt wird die Installation durch einen Spieltisch. Vier Spieler können in dem von Stratmann entwickelten Spiel auf je eigenen Feldern mit den gegebenen Spielsteinen nach zuvor gezogenen Musterkarten Teppichmuster legen. Dabei ist es erlaubt, mit den Mitspielern zu interagieren oder auf deren Feldern zum eigenen Nutzen zu intervenieren: ein taktisches Spiel, bei dem am Schluss ein Bild steht. Stratmann bezieht mit diesem Spiel sein Publikum ein und verwickelt es in einen kommunikativen Prozess – den des Spiels selbst und den über dessen Verbindungen zum Themenkomplex der Installation, der sich wiederum in der Form des Spiels niederschlägt.

Schon bei dieser Werkgruppe werden zwei Prinzipien deutlich, die Stratmanns unterschiedliche Installationen und Werke verbinden, nämlich das Spielerische und das anspielungsreich Erzählerische. Indem der Künstler das Publikum zu Mitspielern macht, überbrückt er die Distanz, die dessen auf die visuelle Begegnung ausgerichtete Betrachterhaltung normalerweise bestimmt. Er holt es aus seiner Indifferenz heraus und bringt es dazu, sich in den Wirkungskreis des Werkes hinein zu begeben. Damit tritt der Betrachter in die Gegenwart des Spiels ein.